Das besondere Problem bei unseren Heimtieren (Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas und anderen Nagetieren) ergibt sich aus der Tatsache, dass die Frontzähne und bei einigen Tierarten auch die Backenzähne (Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas) ständig wachsen. Der Grund ist die intensive Mahltätigkeit und der damit verbundene starke Abrieb der Zähne bei der Futterzerkleinerung. Bei den Kaninchen beträgt das Wachstum der Front- und Backenzähne pro Monat zirka 1 cm!
Würden die Zähne nicht nachwachsen, so wären sie in kürzester Zeit vollständig abgeschliffen und die Tiere müssten verhungern. Der optimale Abrieb der Zähne ist nur durch die Wahl artgerechter Futtermittel (bei Kaninchen hauptsächlich frisches Gras und Heu) und bei einer korrekten Stellung der Zähne zueinander gewährleistet.

Fehlstellungen treten Rasse bedingt (z.B. bei Zwergkaninchen) gehäuft auf. Durch zu kurze Schädelform wachsen die Frontzähne und/oder die Backenzähne aneinander vorbei. Wächst ein Zahn so schief, dass er von dem gegenüberliegenden Zahn nicht mehr vollständig abgerieben werden kann, so bilden sich aus dem randständigen Schmelz Zahnspitzen, die sich in die Maulschleimhaut oder die Zunge einspießen. Hierbei kommt es zu schweren Gewebeverletzungen in der Lippen-, Zungen- oder Maulschleimhaut. Durch die Zahnfehlstellungen kommt es zu Fehlbelastungen im Wurzelspitzenbereich und somit dort zu Entzündungen und zur Absessbildung.
Eine Futteraufnahme wird vollständig unmöglich gemacht. Schwere Abmagerungen der Tiere und Infektionen in der Maulhöhle sind damit verbunden. Die Tiere magern ab, obwohl sie großen Hunger haben!

Zahnfehlstellungen können auch erworben sein. Zahnfleischentzündungen und Maulhöhlenverletzungen schränken die normale Mahltätigkeit der Zähne ein. Umgehend kommt es zur Ausbildung von Zahnspitzen, welche zusätzliche Entzündungen in der Maulhöhle hervorrufen.

Als Folge dieser Maulhöhlenentzündungen besteht durch die nur lockere Abdichtung zwischen Zahn und Zahnfleisch die Gefahr, dass Bakterien in der Maulhöhle entlang der Zahnwurzel bis zur Zahnwurzelspitze vordringen und dort ihr Zerstörungswerk beginnen. Oft kann der Körper die bakterielle Infektion nicht erfolgreich bekämpfen, so dass der sich bildende Eiter die knöcherne Zahnhöhle auflöst, diese verlässt und bis unter die Haut vordringt. Dort bilden sich große, eitrige Abszesse.

Die Therapie besteht in einer genauen Inspektion der Maulhöhle und der Zähne. Hierzu ist immer eine Narkose notwendig!
Alle fehlstehenden Zähne müssen mit rotierenden Instrumenten korrekt abgeschliffen werden. Der für den Abszess verantwortliche Zahn ist röntgenologisch zu identifizieren und zu entfernen. Die Abszesshöhle muss ausgeräumt und gespült werden. Eine Antibiotika- und Schmerztherapie ist zwingend notwendig. Nur so kann es zu einer Ausheilung kommen.
Abszesse im Oberkiefer sind schwieriger zu behandeln als solche im Unterkiefer.

Bei manchen Kaninchen müssen regelmäßig die Frontzähne gekürzt werden. Lediglich die Kürzung der Frontzähne ist ohne Narkose verletzungssicher möglich. Idealerweise sollte dieses mit einer wassergekühlten Turbine geschehen. Das Abkneifen der Frontzähne mit unsachgemäßen Gerätschaften sollte aus tierschutzrechtlichen Gründen unterlassen werden, da ein einfaches Abkneifen den Zahn unkontrolliert brechen lässt, die Pulpahöhle dabei eröffnet wird und daraus unweigerlich eine Zahnwurzelentzündung erfolgt.

Eine sehr gut akzeptierte Therapie bei fehlwachsenden Frontzähnen des Kaninchens ist die komplette Extraktion aller Frontzähne im Ober- (4 Zähne) und im Unterkiefer (2 Zähne) mit anschließendem Verschluss der Wunden durch eine Wundnaht.
Diese Vorgehensweise ersetzt das monatliche Kürzen der Frontzähne.
Alle von uns so behandelten Tiere fühlen sich laut Aussagen der Besitzer schon spätestens nach zwei Tagen so gut wie lange nicht.

Wie bei vielen anderen Erkrankungen ist es bei dem Zahnfehlwachstum oder den Zahnwurzelabszessen besonders wichtig, dass diese Tiere frühzeitig dem Tierarzt vorgestellt werden.

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